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Voltaire: Kandide. Erster Theil

sie hinter dem Gesträuch den Herrn Magister Panglos, der mit ihrer Frau Mutter Kammerjungfer einem gar niedlichen und gar gefügen braunen Dirnchen, Versuche aus der Experimentalphysik anstellte.

Die junge Barones lauscht’ und lauschte mit dem leisesten Athemzuge, und beobachtete – denn sie hatte ungemeine Anlage zu den Wissenschaften – all’ die Experimente, die der Magister von Zeit zu Zeit wiederholte; sahe Panglosens zureichenden Grund, die Ursachen und Wirkungen gar deutlich, und schlich in tiefen Gedanken fort. Ihr war so wohl und so weh um’s Herz; ihre Seele war voll von der Begier gelehrt zu werden, und dem Gedanken: sie könnte wohl des jungen Kandide zureichender Grund werden, und er der ihrige.

Beim Hereintreten in’s Schlos, begegnete ihr Kandide! sie ward rot, Kandide auch. Guten Morgen Kandide! stammelte sie. Und Kandide schwazte mit ihr, ohne zu wissen was. Den folgenden Tag, nach aufgehobner Mittagstafel, befanden sich Kunegund’ und Kandide hinter einer Spanischen Wand; Kunegunde lies ihr Schnupftuch fallen, Kandide hob es auf; sie nam ihn in aller Unschuld bei der Hand, er, auch in aller Unschuld, küßte der jungen Baronesse die ihrige, und das so

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_007.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)