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Voltaire: Kandide. Erster Theil

auf’s geschikteste, beste eingepasst. Ich mußte von Barones Kunegunden fortgejagt werden, mußte Spiesruten laufen, und mus so lange mein Brod betteln gehn, bis ich welches verdienen kann; das alles konnte nicht anders kommen.

Glaubt Ihr denn, mein Freund, sagte der Redner zu ihm, daß der Pabst der Antichrist sei? Davon hab’ ich noch nie gehört, antwortete jener, auch gilt’s mir ganz gleich, sei er’s oder sei er’s nicht; hätt’ ich nur Brod. Auch nicht der Brosämlein einen verdienst Du, heilloser Bube, die von der Herren Tische fallen, sagte der Schwarzrok. Heb’ Dich aus meinen Augen, Du Schalk Du! du Belialsbrut!

Des Redners Frau, die den Kopf zum Fenster hinausgestekt und vernommen hatte, daß es einen Menschen gab, der an der Antichristheit des Pabsts zweifelte, leerte über sein Haupt einen vollgerüttelten und geschüttelten ***. Gott, wie weit geht der Religionseifer bei den Damen!

Ein niegetauftes Geschöpf, ein wakrer Wiedertäufer, Namens Jakob Schwezinger, sahe, wie hartherzig, wie äusserst schimpflich man einem seiner Brüder begegnete, einem zweifüssigen, federlosen Geschöpfe, das doch eine Seele hatte; und es jammerte ihn sein, und er führte ihn hinab in sein Haus und säuberte ihn, und gab ihm Brod zu essen und Bier zu trinken, und

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_016.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)