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Voltaire: Kandide. Erster Theil

kann, und daß ich gleichwohl habe müssen aschenbrödeln.

Meine Geburt ist Ihnen unbekannt, gnädige Barones, antwortete die Alte. Ich dürfte Ihnen nur mein Hinterkastell zeigen, Sie würden gewis ganz andre Saiten aufziehn. Diese Rede erregte bei Kunegunden und Kandiden eine ganz ausserordentliche Neugier, welche die Alte auf folgende Art befriedigte.


Elftes Kapitel.
Geschichte der Alten.

Mein Auge war nicht immer so verzerrt, hatte nicht immer den Purpursaum, meine Nase sties nicht immer an’s Kinn, auch bin ich nicht immer Magd gewesen.

Mein Vater war Pabst Urban der Zehnte und die Fürstin von Palästrina meine Mutter. Bis in’s vierzehnte Jahr wurd’ ich in einem Pallaste erzogen, wogegen die Schlösser Eurer Westphälischen Barone gar klägliche Figur machen; das geringste von meinen Kleidern wog alle Herrlichkeiten von ganz Westphalen auf. Ich wuchs an Schönheit und Grazie und Talenten

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 52. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_052.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)