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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Turnier’ an Turniere, Operabuffas an Operabuffas, und ganz Italien sang mir zu Ehren Sonnette, davon das geringste dichtrischen Stempel trug; eines Ariost’s und Tasso würdig war.

Ich stand am Ziele meines Glüks, als eine alte Marchese, eine ehmalige Buhlschaft meines Prinzen, ihn zur Schokolate bitten lies. Er starb in weniger denn zwei Stunden an den schreklichsten Verzukkungen. Kleinigkeit gegen meine übrigen Unglüksfälle!

Dieser Tod sezte meine Mutter ganz ausser sich, ob er sie gleich lange nicht so heftig angrif, wie mich. Sie wollte sich eine Zeitlang von einem so unangenemen Aufenthalt losreissen. Wir fuhren nach Gaetta, wo sie ein sehr schönes Landgut hatte; unser Schiff war eine Päbstliche Galeere, so stark vergoldet als der St. Petersaltar zu Rom. Nicht lange, so stürzte ein Saleescher Korsar auf uns zu und enterte. Unsre Mannschaft wehrte sich wie wahre Päbstliche Soldaten, warf ihre Waffen weg, fiel nieder auf die Kniee, und ganz in lezten Zügen bat sie den Korsaren um Absolution.

In einem Nu standen sie ganz affenkahl da; meiner Mutter, unsern Hofdamen und mir ging’s nicht besser. Husch husch! und wir waren entkleidet. Ich habe nie flinkre Kammerdiener gesehn,

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_054.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)