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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Die Alte sagte zu ihr: Sie haben zweiundsiebenzig Ahnen und keinen roten Heller, können jezt die Gemalinn des angesehnsten und stattlichsten Zwikkelbarts in ganz Südamerika werden. Was wollen Sie sich da bedenken. Not hat kein Gebot, und wozu Sie den Pastor Fido im Reifrok spielen wollen, seh’ ich nicht ab. Sie sind von den Bulgaren geschändet worden, haben sich vom Juden und Inquisitor brauchen lassen. Wär’ ich in Ihrer Stelle, ich griffe zu, näme den Herrn Stathalter zum Manne ohn’ alles Fakkeln und machte dem Herrn Hauptmann Kandide glüklich.

Indeß daß das Mütterchen mit all’ der Klugheit sprach, die Alter und Erfahrung geben, sah man ein Schiflein in den Hafen einlaufen, worauf sich ein Alkalde[1] und Alguazils[2] befanden. Was die Herren wollten, soll der Leser gleich erfahren.

Die Alte hatte ganz Recht gehabt, daß der weitärmliche Franziskaner zu Badajos Kunegunden auf ihrer eilfertigen Flucht ihr Gold und ihre Diamanten gestohlen. Er hatte einige

  1. Alkalde Gerichtsperson in Portugall und Spanien
  2. Alguazils Schergen oder Gerichtsdiener in Portugall so wohl als in Spanien. So wie das vorige ein Arabisches Wort.
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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_070.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)