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Voltaire: Kandide. Erster Theil

immer breiter, und verlor sich in eine Kluft von schreklichen, himmelanstrebenden Felsen. Die beiden Reisenden waren so dreist, sich auch hier noch den Fluten zu überlassen. Der Flus verengte sich hier und ris sie mit fürchterlichem Getöse schnell hindurch. Nach vierundzwanzig Stunden sahen sie das Tageslicht wieder, scheiterten aber gegen die Klippen.

Eine ganze Meile weit mussten sie sich von Klippe zu Klippe fortarbeiten; endlich lag eine unermesliche Pläne vor ihnen, um die sich eine Kette unersteiglicher Gebürge schlang. Wohl gepaart herrschten Nuzen und Vergnügen auf diesen Feldern, und der Nuzen hatte immer die Mine des Angenemen. Auf allen Wegen und Stegen prangten Wagen einher, deren Bauart so ausnemend nett war, als glänzend die Materialien; bildschöne Männer und Weiber sassen darauf; grosse rote Hämmel zogen sie mit der grössten Schnelligkeit fort. An Flüchtigkeit übertrafen diese Thiere die besten Gäule aus Andalusien, Tetuan und Mequinez.

Das ist ja ein ganz andres Land, als Westphalen! rief Kandide. Bei dem ersten Dorfe, das sie antrafen, klimmte er mit Kakambo’n vom Felsen herunter. Wie sie in den Flekken hereintraten, fanden sie einige Bauerjungen in zerlumpten brokatnen Jakken, Trefstein

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_093.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)