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Voltaire: Kandide. Erster Theil

jenen Rittersiz! Reisen mus man, oder man kömmt hinter nichts. Das ist ausgemacht!

Nach dieser Unterredung lies der gute Greis sechs Hämmel an seinen Wagen spannen, und gab den beiden Reisenden zwölfe von seinen Bedienten mit, um sie nach Hofe zu bringen. „Mein Alter, hoff’ ich, soll Ihnen hinlängliche Entschuldigung sein, daß ich Sie nicht begleite, meine Herren. Der König wird Sie gewis so aufnehmen, daß Sie nicht unzufrieden sein werden, und sollt’ Ihnen ja ein oder der andre Brauch zuwider sein, so werden Sie’s damit entschuldigen: ländlich, sittlich.“

Wetterschnell flogen die sechs Hämmel mit Kandiden und Kakambo’n davon. In weniger als vier Stunden befanden sie sich vor dem Pallast des Königs, der an dem einen Ende der Hauptstadt lag. Das Portal war zweihundertundzwanzig Fus hoch, und hundert breit. Zu beschreiben, woraus es eigentlich bestanden, ist platt unmöglich; daß es von unendlich kostbarerer Materie mus gewesen sein, als jener Bettel von Kieselsteinen und Sand, den wir Gold und Edelgesteine nennen, versteht sich von selbst.

Zwanzig schöne Dirnen von der Leibwacht empfingen sie beim Aussteigen, brachten sie in’s Bad, und legten ihnen Rökke an aus Kolibrisdunen gewebt. Hernach führten die Kronbedienten

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 102. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_102.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)