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Voltaire: Kandide. Erster Theil

daß mir jezt gar nichts mehr ausserordentlich vorkömmt.

Kandide. Glauben Sie wohl, daß die Menschen von jeher sich niedergemezelt haben, wie heut zu Tage? Daß sie stets gelogen und betrogen haben, stets treulose, undankbare, räubrische, flatterhafte, schurkische, neidische, prasserische, trunkenbolde, geizige, ehrsüchtige, blutlechzende, verläumdrische, hurende, schwärmende, und alberne Geschöpfe gewesen sind?

Martin. Glauben Sie, daß die Sperber von jeher Tauben gefressen haben, wenn sie ihrer habhaft werden können?

Kandide. Wohl glaub' ich’s!

Martin. Nun dann, wenn das immer der Karakter der Sperber gewesen ist, warum sollen grade die Menschen ihren Karakter geändert haben?

Kandide. Wohl distinguirt Sperber und Menschen! denn Leztere haben ihren freien Willen, können …

Unter diesen Gesprächen waren sie in Bourdeaux angekommen.

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 126. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_126.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2021)