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Voltaire: Kandide. Erster Theil

in ihrem Armstuhl, beehrte Kandiden mit einem graziösen Lächeln, Martinen mit einem hochadelichen Kopfneigen, und lies Kandiden einen Stuhl- und Karten reichen. In zwei Taillen hatte er funfzigtausend Franken verloren. Hierauf nam man in der grössten Frölichkeit das Supee. Jederman erstaunte, daß Kandide bei seinem Verluste so kalt blieb, und die Bedienten sagten untereinander in ihrer Bedientensprache: Das mus mein Seel! ’n Englischer Milord sein.

Das Supee glich den meisten Parisischen Supees. Erst war alles still, dann entstand mit einemmal ein Wortgetöse, wobei niemand hörte was er selbst sagte, alsdann strömte man in Scherzen, Einfällen aus, die meistentheils herzlich schaal und kahl waren, brachte falsche Neuigkeiten auf’s Tapet, schiefe Räsonnements; es ward ein Bischen gekannegiessert, und viel geafterredet; man schwazte und krittelte sogar über neue Bücher.

Aber Perigourdin fragte: Haben sie schon den neuen Roman gelesen, den der Doktor Theologiä Herr Gauchat, geschrieben? Leider, sagte einer von den Gästen, aber nicht bis zu Ende. Es war mir unmöglich. Es kömmt viel albern Zeug heraus, aber so was albernes, wie der Wisch vom Herrn Doktor Gauchat

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_135.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)