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Voltaire: Kandide. Erster Theil

Martin, der all’ seine Kaltblütigkeit wieder hatte, schlos, die vorgebliche Barones Kunegunde sei eine Betrügerin, der Herr Abee Perigourdin ein Betrüger, der sich Kandidens Treuherzigkeit auf’s schleunigste zu Nuze gemacht hatte, und der Polizeibediente ein andrer Spizbube, den man leicht loswerden könnte.

Ehe Kandide die Sache zu gerichtlichen Weitläuftigkeiten gedeihen lies, bot er auf Anraten Martin’s und seines Herzens, das sich äusserst nach der wahren Kunegunde sehnte, dem Polizeibedienten drei kleine Diamanten an; jeder ungefähr dreitausend Pistolen wert.

O mein Herr, schrie der Mann mit dem elfenbeinernen Stabe, und hätten Sie auch Allerweltsmissethaten begangen, so sind Sie doch der bravste Kavalier auf Gottes Erdboden! Mir drei Diamanten zu geben! Jeden zu dreitausend Pistolen. Todtschlagen will ich mich eh’r für Sie lassen, Herr Milord, als Sie in’s Gefängnis führen. Zwar haben wir die strengste Order, jedweden Fremden zu arretiren, wes Standes und Würden er auch sey: ich will aber das Ding schon h’rumzudrehen wissen. Ich habe zu Dieppe in der Normandie einen Bruder, zu dem will ich Sie hinbringen, und haben Sie noch Einen Diamanten d’ran zu spendiren, so wird er so gut für Sie sorgen, als wär’ ich’s selbst.

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg. 1782, Seite 145. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_145.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)