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Voltaire: Kandide. Erster Theil

so aus vollem Herzen, karessiertest Deinen Theatiner mit so ungeheuchelter Liebeswärme, daß Du mir eben so glüklich schienst, als unglüklich Du Dich ausgibst.“

Ach lieber Herr Kandide, sagte Gertrud. Das ist eben mit das ärgste Kreuz bei meinem Handwerk. Noch gestern wixte mich ein Officierchen rein durch, und zog mich rattenkahl aus, und heute mus ich die fröhlichste Laune affektiren, um mich bei ’nem Pfaffen anzuschmeicheln.

Nun hatte Kandide schon genug und gab Martinen Recht. Sie sezten sich beide mit Gertruden und dem Theatiner an den Tisch; hielten ein recht fröhliches Mahl, und wurden beim Wein ganz offen.

Herr Pater, sagte Kandide zum Mönch; Sie scheinen mir ein Loos zu geniessen, weshalb Sie jederman beneiden mus; die blühendste Gesundheit lacht aus Ihrem Gesicht, Sonnenschein sizt über Ihren Augbrauen, und verkündigt, wie vollglüklich Sie sind; Sie haben das niedlichste Mädchen zum Zeitvertreibe, und scheinen mit Ihrem Theatinerstand höchst vergnügt.

Ich wollte, alle Theatiner hätten einen Mühlstein am Hals, und lägen im Meere, wo’s am tiefsten ist, sagte Bruder Viola. Ich bin wohl schon hundertmal Willens gewesen, das

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Voltaire: Kandide. Erster Theil. Berlin: Christian Friedrich Himburg.: , 1782, Seite 157. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kandide_(Voltaire)_157.jpg&oldid=- (Version vom 7.6.2021)