84 | Elementarl. II. Th. I. Abth. I.Buch. II. Hauptst. |
Die Rechtslehrer, wenn sie von Befugnissen und Anmassungen reden, unterscheiden in einem Rechtshandel die Frage über das, was Rechtens ist, (quid iuris) von der, die die Thatsache angeht, (quid facti) und indem sie von beyden Beweis fordern, so nennen sie den erstern, der die Befugniß, oder auch den Rechtsanspruch darthun soll, die Deduction. Wir bedienen uns einer Menge empirischer Begriffe ohne iemandes Widerrede, und halten uns auch ohne Deduction berechtigt, ihnen einen Sinn und eingebildete Bedeutung zuzueignen, weil wir iederzeit die Erfahrung bey Hand haben, ihre obiective Realität zu beweisen. Es giebt indessen auch usurpirte Begriffe, wie etwa Glück, Schicksal, die zwar mit fast allgemeiner Nachsicht herumlaufen, aber doch bisweilen durch die Frage: quid iuris, in Anspruch genommen werden, da man alsdenn wegen der Deduction derselben in nicht geringe Verlegenheit geräth, indem man keinen deutlichen
Rechts- |
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 084. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_084.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)