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90 Elementarl. II. Th. I. Abth. I.Buch. II. Hauptst. 90

der Gegenstände abgeben: denn ohne Functionen des Verstandes können allerdings Erscheinungen in der Anschauung gegeben werden. Ich nehme z. B. den Begriff der Ursache, welcher eine besondere Art der Synthesis bedeutet, da auf etwas A was ganz Verschiedenes B nach einer Regel gesezt wird. Es ist a priori nicht klar, warum Erscheinungen etwas dergleichen enthalten sollten, (denn Erfahrungen kan man nicht zum Beweise anführen, weil die obiective Gültigkeit dieses Begriffs a priori muß dargethan werden können) und es ist daher a priori zweifelhaft, ob ein solcher Begriff nicht etwa gar leer sey und überall unter den Erscheinungen keinen Gegenstand antreffe. Denn daß Gegenstände der sinnlichen Anschauung denen im Gemüth a priori liegenden formalen Bedingungen der Sinnlichkeit gemäß seyn müssen, ist daraus klar, weil sie sonst nicht Gegenstände vor uns seyn würden; daß sie aber auch überdem den Bedingungen, deren der Verstand zur synthetischen Einsicht des Denkens bedarf, gemäß seyn müssen, davon ist die Schlußfolge nicht so leicht einzusehen. Denn es könten wol allenfals Erscheinungen so beschaffen seyn, daß der Verstand sie den Bedingungen seiner Einheit gar nicht gemäß fände, und alles so in Verwirrung läge, daß z. B. in der Reihenfolge der Erscheinungen sich nichts darböte, was eine Regel der Synthesis an die Hand gäbe, und also dem Begriffe der Ursache und Wirkung entspräche, so daß dieser Begriff also ganz leer, nichtig und ohne Bedeutung wäre. Erscheinungen würden nichts destoweniger

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 090. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_090.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)