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103 II. Absch. Gründe zur Möglichkeit der Erfahr. 103
3.
Von der Synthesis
der
Recognition im Begriffe.

 Ohne Bewustseyn, daß das, was wir denken, eben dasselbe sey, was wir einen Augenblick zuvor dachten, würde alle Reproduction in der Reihe der Vorstellungen vergeblich seyn. Denn es wäre eine neue Vorstellung im ietzigen Zustande, die zu dem Actus, wodurch sie nach und nach hat erzeugt werden sollen, gar nicht gehörete, und das Mannigfaltige derselben würde immer kein Ganzes ausmachen, weil es der Einheit ermangelte, die ihm nur das Bewustseyn verschaffen kan. Vergesse ich im Zählen: daß die Einheiten, die mir iezt vor Sinnen schweben, nach und nach zu einander von mir hinzugethan worden sind, so würde ich die Erzeugung der Menge, durch diese successive Hinzuthuung von Einem zu Einem, mithin auch nicht die Zahl erkennen; denn dieser Begriff besteht lediglich in dem Bewustseyn dieser Einheit der Synthesis.

 Das Wort Begriff könte uns schon von selbst zu dieser Bemerkung Anleitung geben. Denn dieses eine Bewustseyn ist es, was das Mannigfaltige, nach und nach Angeschaute, und dann auch Reproducirte, in eine Vorstellung vereinigt. Dieses Bewustseyn kan oft nur schwach seyn, so daß wir es nur in der Wirkung, nicht aber in dem Actus selbst, d. i. unmittelbar mit der Erzeugung

der G 4 der
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 103. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_103.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)