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143 Von dem Schematismus d. r. Verst. Begr. 143

Einheit der Synthesis des Mannigfaltigen einer gleichartigen Anschauung überhaupt, dadurch, daß ich die Zeit selbst in der Apprehension der Anschauung erzeuge.

 Realität ist im reinen Verstandesbegriffe das, was einer Empfindung überhaupt correspondirt; dasienige also, dessen Begriff an sich selbst ein Seyn (in der Zeit) anzeigt. Negation, dessen Begriff ein Nichtseyn (in der Zeit) vorstellt. Die Entgegensetzung beider geschieht also in dem Unterschiede derselben Zeit, als einer erfülleten, oder leeren Zeit. Da die Zeit nur die Form der Anschauung, mithin der Gegenstände, als Erscheinungen ist, so ist das, was an diesen der Empfindung entspricht, die transscendentale Materie aller Gegenstände, als Dinge an sich (die Sachheit, Realität). Nun hat iede Empfindung einen Grad oder Grösse, wodurch sie dieselbe Zeit, d. i. den innren Sinn in Ansehung derselben Vorstellung eines Gegenstandes, mehr oder weniger erfüllen kan, bis sie in Nichts (= 0 = negatio) aufhört. Daher ist ein Verhältniß und Zusammenhang, oder vielmehr ein Uebergang von Realität zur Negation, welcher iede Realität, als ein Quantum vorstellig macht, und das Schema einer Realität, als der Quantität von Etwas, so fern es die Zeit erfüllt, ist eben diese continuirliche und gleichförmige Erzeugung derselben in der Zeit, indem man von der Empfindung, die einen gewissen Grad hat, in der Zeit bis zum Verschwinden derselben hinabgeht, oder von der Negation zu der Grösse derselben allmählig aufsteigt.

Das
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 143. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_143.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)