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152 Elementarl. II. Th. I. Abth. II.Buch. II. Hauptst. 152

sine qua non, aber nicht zum Bestimmungsgrunde der Wahrheit unserer Erkentniß. Da wir es nun eigentlich nur mit dem synthetischen Theile unserer Erkentniß zu thun haben, so werden wir zwar iederzeit bedacht seyn, diesem unverletzlichen Grundsatz niemals zu wider zu handeln, von ihm aber, in Ansehung der Wahrheit von dergleichen Art der Erkentniß, niemals einigen Aufschluß gewärtigen können.

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 Es ist aber doch eine Formel dieses berühmten, obzwar von allem Inhalt entblößten und blos formalen Grundsatzes, die eine Synthesis enthält, welche aus Unvorsichtigkeit und ganz unnöthiger Weise in ihr gemischt worden. Sie heißt: Es ist unmöglich, daß etwas zugleich sey und nicht sey. Ausser dem, daß hier die apodictische Gewißheit (durch das Wort unmöglich) überflüßiger Weise angehengt worden, die sich doch von selbst aus dem Satz muß verstehen lassen, so ist der Satz durch die Bedingung der Zeit afficirt, und sagt gleichsam: Ein Ding = A, welches etwas = B ist, kan nicht zu gleicher Zeit non B seyn, aber es kan gar wol beydes (B so wol, als non B) nach einander seyn. z. B. Ein Mensch, der iung ist, kan nicht zugleich alt seyn, eben derselbe kan aber sehr wol zu einer Zeit iung, zur andern nicht iung, d. i. alt seyn. Nun muß der Satz des Widerspruchs, als ein blos logischer Grundsatz, seine Aussprüche gar nicht auf die Zeitverhältnisse einschränken, daher

ist
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 152. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_152.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)