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156 Elementarl. II. Th. I. Abth. II.Buch. II. Hauptst. 156

wenn dieses nicht wiederum nur mittelbar gemeint seyn soll, sondern unmittelbar in der Anschauung darstellen, ist nichts anders, als dessen Vorstellung auf Erfahrung (es sey wirkliche oder doch mögliche) beziehen. Selbst der Raum und die Zeit, so rein diese Begriffe auch von allem Empirischen sind, und so gewiß es auch ist, daß sie völlig a priori im Gemüthe vorgestellt werden, würden doch ohne obiective Gültigkeit und ohne Sinn und Bedeutung seyn, wenn ihr nothwendiger Gebrauch an den Gegenständen der Erfahrung nicht gezeigt würde, ia ihre Vorstellung ist ein blosses Schema, das sich immer auf die reproductive Einbildungskraft bezieht, welche die Gegenstände der Erfahrung herbey ruft, ohne die sie keine Bedeutung haben würden; und so ist es mit allen Begriffen ohne Unterschied.

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 Die Möglichkeit der Erfahrung ist also das, was allen unsern Erkentnissen a priori obiective Realität giebt. Nun beruht Erfahrung auf der synthetischen Einheit der Erscheinungen, d. i. auf einer Synthesis nach Begriffen vom Gegenstande der Erscheinungen überhaupt, ohne welche sie nicht einmal Erkentniß, sondern eine Rhapsodie von Wahrnehmungen seyn würde, die sich in keinen Context nach Regeln eines durchgängig verknüpften (möglichen) Bewustseyns, mithin auch nicht zur transscendentalen und nothwendigen Einheit der Apperception zusammen schicken würden. Die Erfahrung hat also Principien ihrer Form a priori zum Grunde liegen, nemlich allgemeine Regeln

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 156. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_156.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)