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287 Von der Amphibolie der Reflexionsbegriffe. 287

sagen können, daß es möglich, noch daß es unmöglich sey, indem wir gar keine Art der Anschauung, als unsere sinnliche kennen, und keine Art der Begriffe, als die Categorien, keine von beiden aber einem aussersinnlichen Gegenstande angemessen ist. Wir können daher das Feld der Gegenstände unseres Denkens über die Bedingungen unserer Sinnlichkeit darum noch nicht positiv erweitern, und ausser den Erscheinungen noch Gegenstände des reinen Denkens, d. i. Noümena annehmen, weil iene keine anzugebende positive Bedeutung haben. Denn man muß von den Categorien eingestehen: daß sie allein noch nicht zur Erkentniß der Dinge an sich selbst zureichen, und ohne die data der Sinnlichkeit blos subiective Formen der Verstandeseinheit, aber ohne Gegenstand, seyn würden. Das Denken ist zwar an sich kein Product der Sinne, und so fern durch sie auch nicht eingeschränkt, aber darum nicht so fort von eigenem und reinem Gebrauche, ohne Beytritt der Sinnlichkeit, weil es alsdenn ohne Obiect ist. Man kan auch das Noumenon nicht ein solches Obiect nennen; denn dieses bedeutet eben den problematischen Begriff von einem Gegenstande vor eine ganz andere Anschauung und einen ganz anderen Verstand, als der unsrige, der mithin selbst ein Problem ist. Der Begriff des Noumenon ist also nicht der Begriff von einem Obiect, sondern die unvermeidlich mit der Einschränkung unserer Sinnlichkeit zusammenhängende Aufgabe, ob es nicht von iener ihrer Anschauung ganz entbundene Gegenstände geben möge,

welche
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 287. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_287.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)