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302 Elementarl. II. Th. I. Abth. Die transsc. Dial. 302

die Natur der Dinge unter Principien stehe und nach blossen Begriffen bestimt werden solle, ist, wo nicht etwas unmögliches, wenigstens doch sehr widersinnisches in seiner Forderung. Es mag aber hiemit bewandt seyn, wie es wolle, (denn darüber haben wir die Untersuchung noch vor uns) so erhellet wenigstens daraus: daß Erkentniß aus Principien (an sich selbst) ganz etwas anders sey, als blosse Verstandeserkentniß, die zwar auch andern Erkentnissen in der Form eines Princips, vorgehen kan, an sich selbst aber (so fern sie synthetisch ist) nicht auf blossem Denken beruht, noch ein Allgemeines nach Begriffen in sich enthält.

 Der Verstand mag ein Vermögen der Einheit der Erscheinungen vermittelst der Regeln seyn, so ist die Vernunft das Vermögen der Einheit der Verstandesregeln unter Principien. Sie geht also niemals zunächst auf Erfahrung, oder auf irgend einen Gegenstand, sondern auf den Verstand, um den mannigfaltigen Erkentnissen desselben Einheit a priori durch Begriffe zu geben, welche Vernunfteinheit heissen mag, und von ganz anderer Art ist, als sie von dem Verstande geleistet werden kan.

 Das ist der allgemeine Begriff von dem Vernunftvermögen, so weit er, bey gänzlichem Mangel an Beyspielen (als die erst in der Folge gegeben werden sollen), hat begreiflich gemacht werden können.


B. Vom
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 302. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_302.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)