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317 I. Abschnitt. Von den Ideen überhaupt. 317

getroffen würden, und an deren statt nicht rohe Begriffe, eben darum, weil sie aus Erfahrung geschöpft worden, alle gute Absicht vereitelt hätten. Je übereinstimmender die Gesetzgebung und Regierung mit dieser Idee eingerichtet wären, desto seltener würden allerdings die Strafen werden, und da ist es denn ganz vernünftig, (wie Plato behauptet) daß bey einer vollkommenen Anordnung derselben, gar keine dergleichen nöthig seyn würden. Ob nun gleich das leztere niemals zu Stande kommen mag, so ist die Idee doch ganz richtig, welche dieses Maximum zum Urbilde aufstellt, um nach demselben die gesetzliche Verfassung der Menschen der möglich größten Vollkommenheit immer näher zu bringen. Denn welches der höchste Grad seyn mag, bey welchem die Menschheit stehen bleiben müsse, und wie groß also die Kluft, die zwischen der Idee und ihrer Ausführung nothwendig übrig bleibt, seyn möge, das kan und soll niemand bestimmen, eben darum, weil es Freiheit ist, welche iede angegebene Gränze übersteigen kan.

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 Aber nicht blos in demienigen, wobey die menschliche Vernunft wahrhafte Caussalität zeigt und wo Ideen wirkende Ursachen (der Handlungen und ihrer Gegenstände) werden, nemlich in Sittlichen, sondern auch in Ansehung der Natur selbst, sieht Plato mit Recht deutliche Beweise ihres Ursprungs aus Ideen. Ein Gewächs, ein Thier, die regelmäßige Anordnung des Weltbaues (vermuthlich also auch die ganze Naturordnung) zeigen deutlich,

daß
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 317. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_317.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)