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394 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. 394

etwas im Raume erscheint, dieselbe transscendentale Gegenstände, welche im gegenwärtigen Zustande als Cörper erscheinen, auf ganz andere Art haben angeschaut werden können. Die Meinung aber, daß die Seele, nach Aufhebung aller Gemeinschaft mit der körperlichen Welt, noch fortfahren könne zu denken, würde sich in dieser Form ankündigen: daß, wenn die Art der Sinnlichkeit, wodurch uns transscendentale und vor iezt ganz unbekante Gegenstände als materielle Welt erscheinen, aufhören sollte: so sey darum noch nicht alle Anschauung derselben aufgehoben und es sey ganz wol möglich, daß eben dieselbe unbekante Gegenstände fortführen, obzwar freilich nicht mehr in der Qualität der Cörper, von dem denkenden Subiect erkant zu werden.

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 Nun kan zwar niemand den mindesten Grund zu einer solchen Behauptung aus speculativen Principien anführen, ia nicht einmal die Möglichkeit davon darthun, sondern nur voraussetzen; aber eben so wenig kan auch iemand irgend einen gültigen dogmatischen Einwurf dagegen machen. Denn, wer er auch sey, so weiß er eben so wenig von der absoluten und inneren Ursache äusserer und körperlicher Erscheinungen, wie ich, oder iemand anders. Er kan also auch nicht mit Grunde vorgeben, zu wissen, worauf die Wirklichkeit der äusseren Erscheinungen im ietzigen Zustande (im Leben) beruhe, mithin auch nicht: daß die Bedingung aller äusseren Anschauung, oder auch das denkende

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 394. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_394.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)