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504 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. II. Hauptst. 504

Hiesse es aber: die Welt ist entweder unendlich, oder endlich (nichtunendlich) so könten beide falsch seyn. Denn ich sehe alsdenn die Welt, als an sich selbst, ihrer Grösse nach bestimt an, indem ich in dem Gegensatz nicht blos die Unendlichkeit aufhebe und, mit ihr, vielleicht ihre ganze abgesonderte Existenz, sondern eine Bestimmung zur Welt, als einem an sich selbst wirklichen Dinge, hinzusetze, welches eben so wol falsch seyn kan, wenn nemlich die Welt gar nicht als ein Ding an sich, mithin auch nicht ihrer Grösse nach, weder als unendlich, noch als endlich gegeben seyn solte. Man erlaube mir: daß ich dergleichen Entgegensetzung die dialectische, die des Widerspruchs aber, die analytische Opposition nennen darf. Also können von zwey dialectisch einander entgegengesezten Urtheilen alle beide falsch seyn, darum, weil eines dem andern nicht blos widerspricht, sondern etwas mehr sagt, als zum Widerspruche erfoderlich ist.

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 Wenn man die zwey Sätze: die Welt ist der Grösse nach unendlich, die Welt ist ihrer Grösse nach endlich, als einander contradictorisch entgegengesetzte ansieht, so nimt man an, daß die Welt (die ganze Reihe der Erscheinungen) ein Ding an sich selbst sey. Denn sie bleibt, ich mag den unendlichen oder endlichen Regressus in der Reihe ihrer Erscheinungen aufheben. Nehme ich aber diese Voraussetzung, oder diesen transscendentalen Schein weg, und läugne, daß sie ein Ding an sich selbst sey, so verwandelt

sich
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 504. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_504.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)