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521 IX. Absch. Vom empir. Gebrauche des regul. etc. 521

Seits, begränzt seyn. Da sie nun, als Erscheinung, keines von beiden an sich selbst seyn kan, denn Erscheinung ist kein Ding an sich selbst, so müßte eine Wahrnehmung der Begränzung durch schlechthin leere Zeit, oder leeren Raum, möglich seyn, durch welche diese Weltenden in einer möglichen Erfahrung gegeben wären. Eine solche Erfahrung aber, als völlig leer an Inhalt, ist unmöglich. Also ist eine absolute Weltgränze empirisch, mithin auch schlechterdings unmöglich[1].

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 Hieraus folgt denn zugleich die bejahende Antwort: der Regressus in der Reihe der Welterscheinungen, als eine Bestimmung der Weltgrösse, geht in indefinitum, welches eben so viel sagt, als: die Sinnenwelt hat keine absolute Grösse, sondern der empirische Regressus (wodurch sie auf der Seite ihrer Bedingungen allein gegeben werden kan) hat seine Regel, nemlich von einem ieden Gliede der Reihe, als einem Bedingten, iederzeit zu einem noch entferntern (es sey durch eigene Erfahrung, oder

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  1. Man wird bemerken: daß der Beweis hier auf ganz andere Art geführt worden, als der dogmatische, oben in der Antithesis der ersten Antinomie. Daselbst hatten wir die Sinnenwelt, nach der gemeinen und dogmatischen Vorstellungsart, vor ein Ding, was an sich selbst, vor allem Regressus, seiner Totalität nach gegeben war, gelten lassen, und hatten ihr, wenn sie nicht alle Zeit und alle Räume einnähme, überhaupt irgend eine bestimte Stelle in beiden abgesprochen. Daher war die Folgerung auch anders, als hier, nemlich es wurde auf die wirkliche Unendlichkeit derselben geschlossen.
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 521. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_521.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)