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543 IX. Absch. Vom empir. Gebrauche des regul. etc. 543

Erfahrung unterscheiden und sie zum blossen Gedankendinge und einem Hirngespinst machen würde.

 Ob es aber gleich hiebey lediglich nach einer Kette von Ursachen aussieht, die im Regressus zu ihren Bedingungen gar keine absolute Totalität verstattet, so hält uns diese Bedenklichkeit doch gar nicht auf; denn sie ist schon in der allgemeinen Beurtheilung der Antinomie der Vernunft, wenn sie in der Reihe der Erscheinungen aufs Unbedingte ausgeht, gehoben worden. Wenn wir der Täuschung des transscendentalen Realismus nachgeben wollen: so bleibt weder Natur, noch Freiheit übrig. Hier ist nur die Frage: ob, wenn man in der ganzen Reihe aller Begebenheiten lauter Naturnothwendigkeit anerkent, es doch möglich sey, eben dieselbe, die einer Seits blosse Naturwirkung ist, doch anderer Seits als Wirkung aus Freiheit anzusehen, oder ob zwischen diesen zween Arten von Caussalität ein gerader Widerspruch angetroffen werde.

 Unter den Ursachen in der Erscheinung kan sicherlich nichts seyn, welches eine Reihe schlechthin und von selbst anfangen könte. Jede Handlung, als Erscheinung, so fern sie eine Begebenheit hervorbringt, ist selbst Begebenheit, oder Eräugniß, welche einen andern Zustand voraussezt, darin die Ursache angetroffen werde und so ist alles, was geschieht, nur eine Fortsetzung der Reihe und kein Anfang, der sich von selbst zutrüge, in derselben möglich.

Also
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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 543. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_543.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)