Seite:Kant Critik der reinen Vernunft 604.png

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
604 Elementarl. II. Th. II. Abth. II. Buch. III. Hauptst. 604

bestimt war. Hieraus entsprang nun der verunglückte ontologische Beweis, der weder vor den natürlichen und gesunden Verstand, noch vor die schulgerechte Prüfung etwas genugthuendes bey sich führet.

 Der cosmologische Beweis, den wir iezt untersuchen wollen, behält die Verknüpfung der absoluten Nothwendigkeit mit der höchsten Realität bey, aber, anstatt, wie der vorige, von der höchsten Realität auf die Nothwendigkeit im Daseyn zu schliessen, schließt er vielmehr von der, zum voraus gegebenen unbedingten Nothwendigkeit irgend eines Wesens, auf dessen unbegränzte Realität, und bringt so fern alles wenigstens in das Gleiß einer, ich weiß nicht ob vernünftigen, oder vernünftelnden, wenigstens natürlichen Schlußart, welche nicht allein vor den gemeinen, sondern auch den speculativen Verstand die meiste Ueberredung bey sich führt, wie sie denn auch sichtbarlich zu allen Beweisen der natürlichen Theologie die erste Grundlinien zieht, denen man iederzeit nachgegangen ist und ferner nachgehen wird, man mag sie nun durch noch so viel Laubwerk und Schnörkel verzieren und verstecken, als man immer will. Diesen Beweis, den Leibnitz auch den a contingentia mundi nante, wollen wir iezt vor Augen stellen und der Prüfung unterwerfen.

 Er lautet also: Wenn etwas existirt, so muß auch ein schlechterdingsnothwendiges Wesen existiren. Nun existire, zum mindesten, ich selbst: also existirt ein absolutnothwendiges Wesen. Der Untersatz enthält eine Erfahrung,

fah-
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 604. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_604.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)