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605 V. Absch. Unmöglichkeit eines cosmol. Beweises etc. 605

der Obersatz die Schlußfolge aus einer Erfahrung überhaupt auf das Daseyn des Nothwendigen[1]. Also hebt der Beweis eigentlich von der Erfahrung an, mithin ist er nicht gänzlich a priori geführt, oder ontologisch, und weil der Gegenstand aller möglichen Erfahrung Welt heißt, so wird er darum der cosmologische Beweis genant. Da er auch von aller besondern Eigenschaft der Gegenstände der Erfahrung, dadurch sich diese Welt von ieder möglichen unterscheiden mag, abstrahirt: so wird er schon in seiner Benennung auch vom physicotheologischen Beweise unterschieden, welcher Beobachtungen der besonderen Beschaffenheit dieser unserer Sinnenwelt zu Beweisgründen braucht.

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 Nun schließt der Beweis weiter: das nothwendige Wesen kan nur auf eine einzige Art, d. i. in Ansehung aller möglichen entgegengesezten Prädicate nur durch eines derselben bestimt werden, folglich muß es durch seinen Begriff durchgängig bestimt seyn. Nun ist nur ein einziger Begriff von einem Dinge möglich, der dasselbe a priori durchgängig bestimt, nemlich der des entis realissimi: Also ist der Begriff des allerrealesten Wesens der

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  1. Diese Schlußfolge ist zu bekant, als daß es nöthig wäre, sie hier weitläuftig vorzutragen. Sie beruht auf dem vermeintlich transscendentalen Naturgesetz der Caussalität: daß alles Zufällige seine Ursache habe, die, wenn sie wiederum zufällig ist, eben sowol eine Ursache haben muß, bis die Reihe der einander untergeordneten Ursachen sich bey einer schlechthinnothwendigen Ursache endigen muß, ohne welche sie keine Vollständigkeit haben würde.
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 605. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_605.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)