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783 Die Disciplin d. r. Vernunft in Beweisen. 783

geführt werden. Im transscendentalen Erkentniß, so lange es blos mit Begriffen des Verstandes zu thun hat, ist diese Richtschnur die mögliche Erfahrung. Der Beweis zeigt nemlich nicht: daß der gegebene Begriff (z. B. von dem, was geschieht) geradezu auf einen anderen Begriff (dem einer Ursache) führe; denn dergleichen Uebergang wäre ein Sprung, der sich gar nicht verantworten liesse, sondern er zeigt: daß die Erfahrung selbst, mithin das Obiect der Erfahrung, ohne eine solche Verknüpfung unmöglich wäre. Also mußte der Beweis zugleich die Möglichkeit anzeigen, synthetisch und a priori zu einer gewissen Erkentniß von Dingen zu gelangen, die in dem Begriffe von ihnen nicht enthalten war. Ohne diese Aufmerksamkeit laufen die Beweise wie Wasser, welche ihre Ufer durchbrechen, wild und querfeld ein, dahin, wo der Hang der verborgenen Association sie zufälliger Weise herleitet. Der Schein der Ueberzeugung, welcher auf subiectiven Ursachen der Association beruht und vor die Einsicht einer natürlichen Affinität gehalten wird, kan der Bedenklichkeit gar nicht die Wage halten, die sich billiger maassen über dergleichen gewagte Schritte einfinden muß. Daher sind auch alle Versuche, den Satz des zureichenden Grundes zu beweisen, nach dem allgemeinen Geständnisse der Kenner, vergeblich gewesen und, ehe die transscendentale Critik auftrat, hat man lieber, da man diesen Grundsatz doch nicht verlassen konte, sich trotzig auf den gesunden Menschenverstand berufen, (eine Zuflucht, die

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 783. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_783.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)