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814 Methodenlehre II. Hauptst. II. Absch. 814

auch nicht der ganzen Glückseligkeit würdig, die vor der Vernunft keine andere Einschränkung erkent, als die, welche von unserem eigenen unsittlichen Verhalten herrührt.

 Glückseligkeit also, in dem genauen Ebenmaasse mit der Sittlichkeit der vernünftigen Wesen, dadurch sie derselben würdig seyn, macht allein das höchste Gut einer Welt aus, darin wir uns nach den Vorschriften der reinen aber practischen Vernunft durchaus versetzen müssen und welche freilich nur eine intelligibele Welt ist, da die Sinnenwelt uns von der Natur der Dinge dergleichen systematische Einheit der Zwecke nicht verheißt, deren Realität auch auf nichts anders gegründet werden kan, als auf die Voraussetzung eines höchsten ursprünglichen Guts, da selbstständige Vernunft, mit aller Zulänglichkeit einer obersten Ursache ausgerüstet, nach der vollkommensten Zweckmässigkeit die allgemeine, obgleich in der Sinnenwelt uns sehr verborgene Ordnung der Dinge gründet, erhält und vollführet.

 Diese Moraltheologie hat nun den eigenthümlichen Vorzug vor der speculativen: daß sie unausbleiblich auf den Begriff eines einigen, allervollkommensten und vernünftigen Urwesens führet, worauf uns speculative Theologie nicht einmal aus obiectiven Gründen hinweiset, geschweige uns davon überzeugen konte. Denn, wir finden weder in der transscendentalen, noch natürlichen Theologie, so weit uns auch Vernunft darin führen mag, einigen bedeutenden Grund, nur ein einiges Wesen anzunehmen,

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Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 814. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_814.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)