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818 Methodenlehre II. Hauptst. II. Absch. 818

haben), dazu beitrugen, brachten sie einen Begriff vom göttlichen Wesen zu Stande, den wir iezt vor den richtigen halten, nicht, weil uns speculative[WS 1] Vernunft von dessen Richtigkeit überzeugt, sondern, weil er mit den moralischen Vernunftprincipien vollkommen zusammen stimt. Und so hat am Ende doch immer nur reine Vernunft, aber nur in ihrem practischen Gebrauche, das Verdienst ein Erkentniß, das die blosse Speculation nur wähnen, aber nicht geltend machen kan, an unser höchstes Interesse zu knüpfen und dadurch zwar nicht zu einem demonstrirten Dogma, aber doch zu einer schlechterdingsnothwendigen Voraussetzung bey ihren wesentlichsten Zwecken zu machen.

.

 Wenn aber practische Vernunft nun diesen hohen Punct erreicht hat, nemlich den Begriff eines einigen Urwesens, als des höchsten Guts, so darf sie sich gar nicht unterwinden, gleich als hätte sie sich über alle empirische Bedingungen seiner Anwendung erhoben und zur unmittelbaren Kentniß neuer Gegenstände empor geschwungen, um von diesem Begriffe auszugehen und die moralische Gesetze selbst von ihm abzuleiten. Denn diese waren es eben, deren innere practische Nothwendigkeit uns zu der Voraussetzung einer selbstständigen Ursache, oder eines weisen Weltregierers führete, um ienen Gesetzen Effect zu geben und daher können wir sie nicht nach diesem wiederum als zufällig und vom blossen Willen abgeleitet ansehen, insonderheit von einem solchen Willen, von dem

wir

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: specutative
Empfohlene Zitierweise:
Immanuel Kant: Critik der reinen Vernunft (1781). Johann Friedrich Hartknoch, Riga 1781, Seite 818. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kant_Critik_der_reinen_Vernunft_818.png&oldid=- (Version vom 18.8.2016)