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Aber auch der Gesandte hatte an diesem Tage vergeblich bei Anastasius angeklopft und war sehr verwundert darüber. Doch sein Begleiter, der türkische Zauberer, schien weniger überrascht und sagte nur mit meckerndem Lachen: „Hi, hi! Dem großen Meister Anastasius wird es scheinbar bange vor dem hohen Amte, das ihm unser allergnädigster Herr zugedacht hat!“

Er unterließ es auch nicht, dem Gesandten am Abend brühwarm zu erzählen, daß die Bürgerschaft vergeblich von Anastasius Hilfe erbeten hatte und bemerkte so nebenbei, daß es fast den Anschein habe, als ob er sich fürchte, einzugestehen, daß er nicht einmal eine so einfache Sache zusammenbringe, als den Hühnern das Eierlegen beizubringen.

So war denn über solches Suchen und Nichtfinden der Ostersonntag herangebrochen. Bis dahin war an diesem Morgen überall auf dem Frühstückstisch ein tüchtiger Blumenstrauß und eine große Schüssel mit buntgefärbten Eiern gestanden. Das war nun heuer anders. Wohl fehlte es nicht an frischen, duftenden Frühlingsblumen, aber auch nicht ein einziges buntes Ei war zu sehen. Da hättet ihr nun die langen Gesichter der Kinder und die traurigen Mienen der Eltern sehen sollen! Was half es, daß draußen die Sonne so hell und goldig schien wie seit langem nicht, was nützten die goldbraunen Osterlaibe, die, noch gar nicht angeschnitten, schon köstlichen Duft gaben, wenn es keine Ostereier gab! Und traurig schlichen die Kleinen auf die Gasse, um zu erkunden, ob es den Nachbarskindern nicht besser ergangen sei.

„Hast du auch keine Ostereier bekommen, Hansi?“ fragte die kleine Mariedl, „und du auch nicht, Franzl? Und was denn du, Everl?“

Von allen Seiten die gleiche traurige Antwort. Da kam der Fritz, der Sohn vom Gerbermeister Kiesewetter, vom Passauer Tor hergelaufen und schrie:

„Denkt euch, der Meister Anastasius ist wieder daheim, ich habe es ganz deutlich gesehen, daß aus dem Kamin des Schneckenhäuschens

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Rudolf Slawitschek: Anastasius Katzenschlucker, der große Zauberer. Vlg. des Deutschen Kulturverbandes, 1929, Seite 98. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Katzenschlucker.pdf/92&oldid=- (Version vom 29.12.2023)