Seite:Keplers Traum 061.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

unter dem Schloss Cronenburg in Seeland, hatten aber ihren eignen Dorfvogt und ihr Dorfgericht‘

Auch aus der sagenhaften Vorgeschichte Hveens giebt Weistritz interessante Daten:

‚Diese Insel ist vor den Zeiten des Tycho v. Brahe durch den Riesen Huenulla[UE 1], der dieses Eiland, nebst seinen Nachkommen, bewohnt hat, berühmt gewesen. Von den letztern waren besonders Haagen und Grunild im Ruf. Sie haben 4 Schlösser auf der Insel gehabt. Dieselben sollen an den 4 Ecken derselben gelegen haben, und ihre Grundwälle und Plätze noch vorhanden sein. Das erste hiess Norburg, das andere Sünderburg, das dritte Karcheeida gegen Abend, und das vierte Hammer gegen Morgen. Sie wurden von dem König Erich in Norwegen im Jahre 1288 zerstört.‘

Diese Insel nun gab König Frederik II. von Dänemark durch Patent vom 23. Mai 1576 seinem ‚Lieben Tyge Brahe, Ottes Sohn, von Knudstrup, mit allen darauf wohnenden Bauern und Dienern, mit allen Einkünften zu Lehen und eigen, dass er darauf lebe ohne Pacht und frei von jeder Abgabe bis an seines Lebens Ende‘. Und nun entstanden hier, reichlich unterstützt durch die Munifizens seines Königs, durch Tycho Brahe jene grossartigen Schlösser und Sternwarten, die unter dem Namen ‚Uranienburg‘, d. i. Himmelsstadt, lange Jahre den Mittelpunkt der astronomischen Welt bedeuteten. Tycho herrschte hier, leider nicht immer allein im Reiche der Wissenschaft, als ein unabhängiger Fürst und sammelte, umgeben von einer Schaar wissensdurstiger Jünger, das Material, woraus später Kepler seine die Sternkunde reformirenden grossen Himmelsgesetze ableitete.

Tycho hatte in seiner Himmelsstadt eine ganze Reihe werthvoller, zum grössten Theil selbst erfundener und angefertigter astronomischer Instrumente aufgestellt, die theilweise in eigens dafür errichteten grossen Kuppeln, theils im Freien standen. Seine Sextanten, Quadranten, Zodiakalkreise, Armillarsphären u. s. w. waren einzig in ihrer Art, und kunstsinnige Fürsten, Gelehrte und wissbegierige Laien kamen von weit her, um sie und den berühmten Beobachter zu bewundern. Dass der ohnehin herrschsüchtige Tycho dadurch veranlasst wurde, oft etwas mehr zu thun, als sich mit der Würde eines seiner Wissenschaft dienenden Gelehrten vertragen mochte, kann nicht auffallen, wirft aber immerhin ein eigenthümliches Licht auf das Treiben in Uranienburg und lässt den Unterschied erkennen zwischen dem auf den Effect nach Aussen berechneten Wirken

Anmerkungen des Übersetzers

  1. Von diesem Riesen oder Helden hat vermuthlich die Insel ihren Namen erhalten.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 033. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_061.jpg&oldid=- (Version vom 11.5.2019)