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rektificirt, indem er das Verhältniss 1 : 60 zu Grunde legt. Führen wir mit diesem, wonach

     die Entfernung der Sonne = 3 060 000

     und die des Mondes = 51 000

wäre, die Rechnung durch, so finden wir, dass ist:

     die Bewegung des Neumondes = 0,8 oder 4/5 s. S. 81, o.
     und die des Vollmondes = 1,2 oder 6/5

letzterer also nur noch 1,5mal so schnell fortschreitet.

Setzen wir endlich das dem heutigen Stande der Wissenschaft entsprechende Verhältniss, das 400fache, ein, so schrumpft der Geschwindigkeitsunterschied auf 1 : 1,06 zusammen, eine Differenz, die kaum mehr wesentlich genannt werden kann.

Man erkennt also, dass die Mondbewohner die Sonne unter den Fixsternen nicht sprungweise fortschreiten sehen werden – aber man muss auch andererseits zugeben, dass Kepler nach seiner Kenntniss von den Proportionen der Himmelsbahnen wohl berechtigt war, eine solche Erscheinung anzunehmen.


78.


In ähnlicher Weise, wie auf der Sonne, würden sich auch natürlich die Geschwindigkeitsunterschiede des Mondes auf einem anderen, ausserhalb der Erd- und Mondregion liegenden Beobachtungspunkt darstellen und Kepler musste consequenterweise so urtheilen, wie im Text geschehen. Denn nach der Progression [s. auch C. 89] für die Entfernung der Planeten war ihm bekannt, dass Merkur, Venus und Mars, die sogn. sonnennahen Planeten, der Erde und mithin auch unserm Mond unter Umständen näher kommen konnten, als die Entfernung der Erde von der Sonne beträgt, während er Jupiter, der von Mars durch die erst später durch die Entdeckung der Asteroiden ausgefüllte ‚Lücke im Planetensystem‘[UE 1] getrennt ist, und gar Saturn schon in weit grösserer Entfernung wusste.

Von allen Planeten kann Venus unserm Mond am nächsten kommen, in günstigster Position auf ca. 5 Millionen Meilen: da wäre die Differenz wohl noch merkbar; und wenn auch für Merkur und Mars, die sich nur auf ca. 12 resp. 11 Millionen Meilen heranwagen, kleine Unterschiede wahrzunehmen sein werden, so ist doch bei Jupiter und gar Saturn jede Spur davon verwischt; denn die Abstände dieser Planeten von unserm Mond betragen im günstigsten Falle immer noch ca. 86 resp. 178 Millionen Meilen.

Anmerkungen des Übersetzers

  1. „Zwischen Jupiter und Mars muss ein Planet eingeschaltet werden“, sagt Kepler in seinem Prodromus. p. 7.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 083. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_111.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)