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kreisförmiger, ringsherum geschlossener Wall, der eine Einsenkung umschliesst, charakterisiren. Diese Form erscheint unter mannigfaltigen Modifikationen als Wallebene, Ringgebirge, Bergkranz, Krater und Grube, je nach den Dimensionen des Gebildes. Die Wallebenen sind Wälle von mässiger Hohe, die eine ebene Fläche von 75–225 km Durchmesser umschliessen, während die Ringgebirge eine bedeutende Tiefe umfassen, ihr Durchmesser ist weit geringer, nicht viel über 15–75 km und der Wall steigt unter mannigfaltig ausgezackter Form schroff in die Höhe. Bei einigen erscheint in der Mitte der vertieften Fläche ein Centralberg, der jedoch niedriger ist wie der Wall. Bergkränze sind den Ringgebirgen ähnlich, nur ist die kreisförmige Umfassung unterbrochen und in einzelne Berge zerlegt; Krater endlich sind kleine kreisförmige Vertiefungen, bei denen noch eine wallförmige Erhebung zu erkennen ist, mit einem Durchmesser von 15 km und kleiner bis zu 475 m herab, während man solche ohne erkennbaren Wall als Gruben bezeichnet.

Alle diese Formen setzen sich, oft in höchst grotesker Art, zu Gebirgen und Bergketten zusammen, die unsern Erdgebirgen zwar ähnlich sind, weshalb ihnen auch Namen, wie die Alpen und Apenninen beigelegt wurden, doch mit denen unserer Erde nicht verglichen werden können, es sei denn mit einigen Gebirgsformen unseres ostafrikanischen Schutzgebietes, so z. B. des Kilimandscharo. Ebenso findet man auf dem Monde Bergadern und Hochflächen neben tiefer liegenden dunklen Landschaften, Meeren vergleichbar, – die sogn. Mare. Die Zahl der kreisförmigen Gebilde ist eine sehr beträchtliche, man schätzt sie nach der neuesten Forschung auf 100 000.

Einige der schönsten Wallebenen sind Schickard, Wargentin und Phocylides im südlichen Theil der sichtbaren Mondscheibe, zumal die erstere gehört zu den sonderbarsten Gebilden der Mondoberfläche: sie ist vollkommen kreisförmig, hat 88 km im Durchmesser und ist oben fast vollständig eben, so dass es verzeihlich ist, wenn die älteren Astronomen sie für ein Erzeugniss der Kunst erklärten.

Die schönsten Ringgebirge und Krater befinden sich auf dem nördlichen Theil der Mondscheibe, so Plato, ein Ringgebirge mit ausgezacktem Wall; Copernicus, 1000 m hoch und 37 km im Durchmesser, Kepler, fast vollständig kreisrund mit einem Centralberge und Archimedes, welch’ letzteres während des Sonnenaufganges eine der schönsten und grossartigsten Landschaften des Mondes bildet. Als Krater verdienen hervorgehoben zu werden Theophilus und Cyrillus, gleichfalls im nördlichen Theil liegend. Hervortretende Massengebirge und Bergketten sind die Alpen und die Apenninen, erstere sich, anschliessend an Plato, letztere unterhalb Archimedes sich hinziehend. Von den sogn. Maren sind die

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Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 135. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_163.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)