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Flüssen, anderseits von der Veränderung durch die Elemente[UE 1], insofern nämlich als die Eigenschaften der Elemente: Feuchtigkeit, Trockenheit, Härte und Weiche [s. auch XX], geeignet sind, eine Veränderung und Umformung hervorzubringen. Denn die flüssigen fliessen nach dem Mittelpunkt der Erde ab, solange bis sie im Gleichgewicht sind, von den trockenen aber, die die fliessenden Gewässer begrenzen, sind die härteren dauerhafter, als die weicheren und bröckligen, die allmählig zerfallen. Ich will ein recht augenscheinliches Beispiel anführen. Vergebens frägt man, wer wohl thürmte jene Berge auf, die durch die Gefilde Böhmens zerstreut sind und deren enge Bergpässe sich bis in die Nähe von Meissen erstrecken? Wenn man von einem hohen Berge aus die Reihe derselben überblickt, sollte man sagen, sie seien das Werk von Giganten, und gleichsam deren Grabdenkmäler. Ich werde Euch aber den Urheber nennen. Es ist der Elbestrom, welcher innerhalb des Gebirges seinen Lauf beginnt, darauf herabfällt und sich sein Bette aushöhlt.

Lang war die Zeit, welche im Verein mit häufigen, die fette Krume des Erdreichs überschwemmenden Regengüssen, dasselbe allmählig auswusch, und den fortgerissenen Boden in die Elbe abführte. Dann auch giebt es Felsen, die einstmals unter der Erde lagen, nach und nach aber aus der Erde hervorgekommen sind, da sie infolge ihrer Härte Stand hielten, während das Erdreich um sie herum wegen seiner Bröckligkeit zerfiel. Das ist die Ursache, warum auf den meisten Gipfeln der Gebirge eine Anhäufung von Felsen gefunden wird, die unbedachte Leute dann fälschlich für Ueberreste früherer Burgen halten. Das ist ferner die Ursache, die die vielen Felsen durch die sandigen Felder Schlesiens verstreute. Denn da die Erde widerstandsfähig ist, so ist auch der Andrang der Flüsse kein grosser: es werden daher überall nur die Ufer, wie auch die Flussbette durch die stets sprudelnden Quellen ausgewaschen, die höher gelegenen Ebenen dagegen verschont, wenn nicht starke Regengüsse von der Masse der Felder etwas abspülen. Wenn jene [die Quellen] erschöpft sind und diese [die Ebenen] sich im Laufe langer Jahre gesenkt haben, werden die Felsen entblösst, welche einst unter der Erde verborgen lagen.

XIX. Da der Verstand die Ordnung schafft und nichts vom Verstand Disponirtes unwerthig und verworren ist, es sei denn, dass der Verstand willkürlich Mittelursachen, die von ihm verschieden sind, die

Anmerkungen des Übersetzers

  1. Unter ‚Elemente‘ sind hier die Urstoffe der Alten verstanden. Diese waren unter wechselnden Vorstellungen: Wasser, Erde, Luft und Feuer, s. auch Fussnote S. 26.
Empfohlene Zitierweise:
Johannes Kepler: Keplers Traum vom Mond. B. G. Teubner, Leipzig 1898, Seite 162. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keplers_Traum_190.jpg&oldid=- (Version vom 9.9.2019)