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sagte er und ließ die goldene Schnalle an Mareilens Gürtel springen. „Ganz wie in der Türkenbude. So. Die Füße auf den Schemel. Hier sind rote Rosen, die kannst du wieder zerpflücken. Dann hängen die Blätter wie Blutstropfen an dir. Ja – so. Und ich liege hier.“ Er streckte sich auf den Teppich aus, streichelte die nackten Füßchen mit den Goldreifen. „So ist es gut.“

„Ist etwas geschehen?“ fragte Mareile. „Du bist heute anders. Nicht, Liebster? Als wäre etwas Schweres von dir abgefallen. Ja – wirklich – heut ist es wie dort in Lantin.“

„Ja – ja!“ meinte Günther. „Es gibt Festzeiten – und wieder Alltagzeiten mit der endlosen Reihe der langweiligen Trinitatissonntage. Unsere Liebe hat eben einen Festtag. Das ist doch nicht so wunderbar. Nun, reg’ dich nicht. Bleibe so. Gott! Du wirkst auf mich heute so mächtig – ich ertrage es kaum. Von dir strömt es in mein Blut hinein, immer heißer, – das schmerzt, so schön ist das. Sag’ – schmerzt es dich auch, all diese heiße Kraft auszugießen – sag’ –“

„Ja – ja,“ flüsterte Mareile. „Nimm, nimm alles!“ Sie beugte sich über ihn und küßte ihn mit den Frauenlippen, die in der höchsten, hingebenden Erregung wie heiße Rosenblätter werden, als sei die Haut, die das Blut umschließt, zu einem feinen, kaum merkbaren Schleier geworden.


Frühmorgens weckte Sterneck Günther. Günther streckte sich. „Schon Dienst?“ fragte er.

„Ja, Fürstendienst,“ meinte Sterneck.

„Ach ja, unser Fürst! Mir wird sein, als müßte ich auf ein Ahnenbild schießen.“

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Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 132. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/132&oldid=- (Version vom 1.8.2018)