„So? Ja – o ja! Aber da ist doch wieder manches wirklich, an das sie nicht glauben; in uns nämlich. Wie der Mond, kehren wir unseren Frauen immer nur eine Seite unseres Wesens zu.“
Günther wurde ungeduldig. „Eine Seite! Ist das nicht genug? Und wenn’s noch die helle ist. Auswendig brauchen die Frauen uns doch nicht zu wissen. Das unnütze Grübeln! ’ne Frau hat man über sich ergehen zu lassen wie die Dusche oder das Schicksal, nur dann wirkt sie.“
Sie waren bis an das Eichenwäldchen gelangt. Mitten darin lag eine kleine Lichtung, ganz mondbeglänzt.
„Ein Saal,“ rief Günther. „Was könnten wir hier Besonderes tun? Etwas schwören? Nein, den Halmtanz tanzen! Du weißt, Hans, als wir jung waren, liebte der Kandidat Halm die Mareile. Natürlich. Zu ihrem Geburtstage hatte er ein altes Tanzlied komponiert, sehr hübsch … und wir tanzten den Halmtanz danach. Also.“
Sie faßten sich an den Händen und drehten sich im Kreise, dazu sangen sie:
„Springen wir den Reihen,
Nun Dame mein!
Freuen uns des Maien,
Der bei uns kehrt ein!
Der Winter, der der Heide
Brachte arge Not,
Ist ja nun vergangen,
Wonnig ist sie umfangen
Von Blumen rot,
Von Blumen rot.“
Eduard von Keyserling: Beate und Mareile. S. Fischer, Berlin [1903], Seite 48. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Beate_und_Mareile.djvu/48&oldid=- (Version vom 1.8.2018)