Seite:Keyserling Wellen.pdf/111

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und diese Entdeckung war ihr unangenehm, es empörte sie fast, als sei ein Unbefugter dort eingedrungen, wo die Berechtigten beieinander waren.

Im Boot begannen die Männer sich zu regen, das große Netz wurde vorsichtig in das Wasser hinabgelassen, das andere Boot wurde angerufen und ihm ein Seil zugeworfen. Im bewegten Wasser sprühte es wie silberne Flämmchen, im Netze hingen glitzernde Tropfen. Mathies hatte sich die Hemdsärmel aufgestreift, um im Wasser zu arbeiten, wenn er die nackten Arme emporhob, rann es silbern an ihm nieder. Doralice wickelte sich fester in ihren Mantel, alle Angst und Erregung waren fort, sie fühlte sich sicher und behaglich. Eine leichte Müdigkeit machte ihr die Augenlider schwer und wenn sie die Augen schloß, war es ihr fast wie als Kind, wenn sie in ihrem Bette lag und im Halbschlaf noch die Erwachsenen um sich her hantieren oder sprechen hörte, was dem Kinde stets ein wohliges Gefühl der Geborgenheit gegeben hatte. Schlug sie dann wieder die Augen auf, dann war die Weite voll weißen Lichtes in ihrer großen und kühlen Schönheit immer von neuem wieder eine wohltuende Erschütterung, immer wieder fühlte da Doralice, wie die engen, heißen Schranken des Ich sich verwischten und

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Eduard von Keyserling: Wellen. S. Fischer, Berlin 1920, Seite 111. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Keyserling_Wellen.pdf/111&oldid=- (Version vom 1.8.2018)