Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1812 I 019.jpg

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vierte in die Küche, das fünfte in den Schrank, das sechste unter eine große Schüssel; das siebente in die Wanduhr. Aber der Wolf fand sie alle und verschluckte sie, außer das jüngste in der Wanduhr, das blieb am Leben.

Wie der Wolf seine Lust gebüßt, ging er fort, bald darauf kam die alte Geis nach Haus. Was für ein Jammer! der Wolf war da gewesen und hatte ihre lieben Kinder gefressen. Sie glaubte sie wären alle todt, da sprang das jüngste aus der Wanduhr, und erzählte, wie das Unglück gekommen war.

Der Wolf aber, weil er sich vollgefressen, war auf eine grüne Wiese gegangen, hatte sich in den Sonnenschein gelegt und war in einen tiefen Schlaf gefallen. Die alte Geis dachte, daran, ob sie ihre Kinder nicht noch erretten könnte, sagte darum zu dem jüngsten Geislein: „nimm Zwirn, Nadel und Scheere und folg’ mir nach.“ Darauf ging sie hinaus und fand den Wolf schnarchend auf der Wiese liegen: „da liegt der garstige Wolf,“ sagte sie und betrachtete ihn von allen Seiten, nachdem er zum Vieruhrenbrot meine sechs Kindlein hinuntergefressen hat, gieb mir einmal die Scheere her: „Ach! wenn sie noch lebendig in seinem Leibe wären!“ Damit schnitt sie ihm den Bauch auf, und die sechs Geiserchen, die er in der Gier ganz verschluckt hatte, sprangen unversehrt heraus.

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 1 (1812). Berlin 1812, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1812_I_019.jpg&oldid=- (Version vom 17.8.2016)