Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 018.jpg

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mit des Kindes Blut den Joseph bestriche, so würde er erlöst. Sie erzählt dem Roland ihren Traum, der läßt alle Räthe des Landes zusammenkommen, die sprechen ja, er müsse sein Kind für des Freundes Leben opfern. Da wird das Kind getauft und dann wird ihm der Kopf abgehauen. Mit dem Blute des Kinds aber wird Joseph bestrichen, alsbald schwindet der Stein an ihm, und er steht auf und spricht „ach, lieber Bruder, warum hast du mich geweckt? ich habe so sanft geschlafen“. Sie erzählen ihm wie alles sich zugetragen, da sagt Joseph „nun muß ich dir wieder helfen“, bindet das todte Kind in ein linnen Tuch und geht mit ihm fort. Als er schon dreiviertel Jahr gewandert ist und, von Herzen betrübt daß er keine Hülfe finden kann, unter einen Baum sich setzt, kommt ein alter Mann und gibt ihm zwei Fläschlein, darin ist Wasser des Lebens und Wasser der Schönheit. Joseph trägt es nun heim, muß aber, weil er nichts mehr hat, betteln. Nach einem Vierteljahr kommt er zu seines Vaters Schloß, da setzt er sich auf die Brücke und bestreicht das Kind erst mit dem Wasser des Lebens, wovon es das Leben wieder erhält, dann mit dem Wasser der Schönheit, wovon es so frisch und lieblich wird wie kein anderes. Darauf bringt er es seinen Eltern, die sich von Herzen darüber freuen. Eine dritte, wiederum abweichende Erzählung in Wolfs Hausmärchen S. 383.

Es ist offenbar die Sage von den treuen Freunden, dem Amicus und Amelius. Der eine opfert sich für den andern und begeht scheinbares Unrecht an ihm, dagegen gibt dieser seine Kinder hin, um jenen wieder zu erretten, doch durch ein Wunder werden auch diese im Leben erhalten. Wie im armen Heinrich eine reine Jungfrau sich opfert, so in unserm Märchen ein treuer Meister, wie der alte Hildebrand es für Dieterich ist, so daß die Sage vom Kind Oney den Uebergang bilden könnte. Vergl. das Märchen von den zwei Brüdern (Nr. 60), den armen Heinrich S. 187 folg. und weitere Nachweisungen im Athis S. 46. Das Schicksal, das in dem Gedichte Hartmanns der Arzt verkündet, verrathen hier die Schicksalsvögel, die Raben. Das Brauthemd (ein gemachtes heißt es nach dem Volksausdruck im Gegensatz zu dem blos zugeschnittenen) das den, der es anzieht, mit Feuer verzehrt, gleicht ganz dem Gewand, das Dejanira dem Hercules und Medea der Glauce schickt. In unserm Märchen ist wahrscheinlich ausgefallen daß ein Zauberweib den jungen König aus irgend einem Grunde hat verderben

Empfohlene Zitierweise:
Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 18. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_018.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)