Seite:Kinder und Hausmärchen (Grimm) 1856 III 163.jpg

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nicht ruhen als bis es ihnen glückt. Sie gerathen in einen großen Wald, wo sie den ganzen Tag hungrig und durstig fortreiten, endlich sehen sie in der Nacht ein Lichtlein das sie zu einem prächtigen Schloß leitet, worin aber kein Mensch zu sehen ist. Weil sie so hungrig sind, suchen sie nach Speise, einer findet ein Stück Fleisch, es ist aber noch roh. Da spricht der jüngste „geht ihr beide und schaft einen Trank, ich will derweil das Fleisch braten“. Also steckt er den Braten an einen Spieß, und wie er brutzelt, steht auf einmal ein Erdmännchen neben ihm mit einem langen weißen Bart bis an die Knie und zittert an Händen und Füßen. „Laß mich beim Feuer meine Glieder wärmen“, spricht es, „so will ich dafür den Braten wenden und mit Butter begießen“. Der Ritter erlaubt ihm das, nun dreht es flink den Braten, aber so oft der Ritter wegsieht, steckt es seine Finger in die Bratpfanne und leckt die warme Brühe auf. Der Ritter ertappt es ein paarmal und sagt es sollts bleiben lassen, aber das kleine Ding kann nicht und ist immer wieder mit dem Finger in der Pfanne. Da wird der Ritter zornig, faßt das Erdmännchen beim Bart und zaust es, daß es ein Zetergeschrei erhebt und fortlauft. Die zwei andern kommen indes mit Wein, den sie im Keller gefunden haben, und nun essen und trinken sie zusammen. Am andern Morgen suchen sie weiter und finden ein tiefes Loch, „darin“, sagen sie, „müssen die Königstöchter verborgen sein“ und losen wer sich soll hinunterlassen, die beiden andern wollen dann den Strick halten. Das Los trift den welcher mit dem Erdmännchen zu thun gehabt hat. Es dauert lang, bis er auf Grund kommt, und unten ists stockfinster, da geht eine Thüre auf und das Erdmännchen, das er am Bart gezogen, kommt und spricht „ich sollte dir vergelten was du mir Böses gethan, aber du erbarmst mich, ich bin der König der Erdmännlein, ich will dich aus der Höhle bringen, denn wenn du noch einen Augenblick länger bleibst, so ists um dich geschehen“. Der Ritter antwortet „sollt ich gleich Todes sterben, so geh ich nicht weg, bis ich weiß ob die Königstöchter hier versteckt sind“. Da spricht es „sie sind in diesem unterirdischen Stein von drei Drachen bewacht. In der ersten Höhle sitzt die älteste und ein dreiköpfiger Drache neben ihr, jeden Mittag legt er seine Köpfe in ihren Schoß, da muß sie ihn lausen, bis er eingeschlafen ist. Vor der Thüre hängt ein Korb, darin liegt eine Flöte, eine Ruthe und ein Schwert, und die drei Kronen der Königstöchter liegen auch darin, den Korb mußt du

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Brüder Grimm: Kinder- und Haus-Märchen Band 3 (1856). Dieterich, Göttingen 1856, Seite 163. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Kinder_und_Hausm%C3%A4rchen_(Grimm)_1856_III_163.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)