Seite:Klaus lehranstalt 15.jpg

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und von ihm auf seine Kosten das erforderliche Lehrzimmer in seinem Hause eingerichtet und die für den Anfang nötigen Lehrmittel angeschafft. Der Unterricht hatte bis in die Mitte des Novembers seinen ununterbrochenen Fortgang, als erst Herr Dreher und dann Herr Baumeister aus verschiedenen Ursachen sich der Teilnahme an demselben entzogen. Herr Striter war durch seine Versetzung auf eine Pfarrei früher schon für die Anstalt verloren gegangen, Herr Alle hatte den von ihm zugesagten Unterricht nicht begonnen. Da mit Herr Dreher zugleich 10 Schulincipienten ausgetreten waren, so hörte auch der Unterricht in der Forstwirtschaft auf, den nur einige von ihnen empfangen hatten. Diese Veränderungen erregten nicht geringe Besorgnisse für den Bestand des Instituts, sie waren aber auch eine Ermunterung für die Teilnehmer, die demselben getreu verblieben waren, ihm desto anhaltender ihren Fleiss zu widmen, und so dauert der Unterricht noch immer fort, den Herr Dangelmaier in der Gesetzgebung, der Landwirtschaft, der bürgerlichen Baukunst, der Naturgeschichte und im teutschen Stil, Herr Hönig in der franz. Sprache und Geometrie, Herr Stahl in der kaufmännischen Rechenkunst und Buchhaltung und Herr Kaiser in der Bierbrauerei erteilt. Die Zöglinge sind meistens evang. und auswärtige, unter ihnen ein Sohn des Badeigentümers in Cannstatt Dr. Frösner. Die Centralstelle des landwirtschaftl. Vereins bewährte der Anstalt ihren Beifall in einem sehr schmeichelhaften Dekrete und durch unentgeldliche Mitteilung des Korrespondenzblatts. Auch der Zentralausschuss des polytechnischen Vereins in München sandte dem Herrn Dangelmaier die sämtlichen Jahrgänge seines Kunst- und Gewerbeblatts als Geschenk zu und ernannte ihn zum Ehrenmitgliede des Vereins. Nicht weniger haben andere vaterländische Gelehrte ihm teils schon mehrere für die Zwecke des Instituts förderliche Schriften mitgeteilt, teils noch weitere ähnliche Unterstützungen zugesagt. Endlich wurde ihm noch von höchster Stelle die Erlaubnis zur Herausgabe eines Kunst- und Gewerbsblatts erteilt. Das letztere beabsichtigt hauptsächlich den Zweck, die ausgezeichneten Künstler und Gewerbsleute des Vaterlandes und ihre Fabrikate öffentlich bekannt zu machen und dem Publikum nachzuweisen, welche Produkte der Industrie und wo und um welchen Preis sie zu haben sind. Dadurch hofft man den Absatz der inländischen Fabrikate zu befördern, Wetteifer in ihrer Hervorbringung und Vervollkommung zu[1] erregen und nützliche Belehrungen unter ihren Bearbeitern zu verbreiten. Am nächsten 6. März als am Geburtsfeste des Kronprinzen wird die erste öffentliche Prüfung in der Anstalt gehalten, um die öffentlichen Behörden und das teilnehmende Publikum von den Leistungen derselben in Kenntnis zu setzen.

So gross auch die Schwierigkeiten waren, mit denen dieses patriotische Unternehmen in der ersten Periode seines Daseins zu kämpfen hatte, so werden sie doch wie bisher also auch in der Zukunft durch Beharrlichkeit und treuen Sinn für das Gute überwunden werden können, und jeder Vaterlandsfreund wird wünschen, dass aus diesen Anfängen sich ein Verein für Industrie und Gewerbe, sowie eine Lehranstalt für beide erheben möchte, welche an Umfang, Thätigkeit und Wirksamkeit den ähnlichen Instituten des Auslandes an die Seite gesetzt zu werden verdienen.“


Um nun wieder zur lateinischen Lehranstalt zurückzukehren, so musste dieselbe, als das ehemalige Franziskanerkloster zu einem kath. Schullehrerseminar verwendet wurde, im Jahre 1825 in das städtische Waisenhaus übersiedeln, von wo sie zwischen 1827 und 29 in den obersten Stock des früheren Frauenklosters zum hl. Ludwig, „Klösterle“ genannt, versetzt wurde, wo sich jetzt noch das Realgymnasium befindet. Die städtische Schule, die, wie wir sahen, vor und neben der der Franziskaner bestand, hatte ihr Lokal in dem Gebäude, welches jetzt das evangelische Vereinshaus ist. Dasselbe wurde im Jahre 1578 erbaut, wie aus folgender Inschrift zu ersehen ist, die auf einer steinernen Tafel steht, welche in diesem Gebäude eingemauert war und sich jetzt im städtischen Lapidarium befindet: „Anno domini 1578 ist dieser Bau der lateinischen Schul angefangen, vollendet und von einem ehrsamen Rath der Herr Bürgermeister Paulus Goldsteiner zum Einnehmer, Ausgeber und Baumeister darüber verordnet worden. Spero dum Spiro.“ – Vielleicht darf ich an dieser Stelle noch ein Zeugnis für das Alter der städtischen Lateinschule nachholen, das ich erst entdeckte, als der erste Bogen, der S. 3 davon handelt, schon gedruckt war. Die zur Registratur der kath. Stadtpfarrei Gmünd gehörige handschriftliche Chronik mit dem Titel: „Miscellanea de civitate Gamundiana seu descriptio status, jurium, proventuum, privilegiorum“ bringt Blatt 190 auf der 2ten Seite den Stiftungsbrief eines Friedrich im Steinhaus Custos St. Guniprechtsstifts zu Onolzbach Würzburger Bistums, welcher im Jahre 1416 die Summe von 1982 fl. dazu bestimmt, um 2 oder auch mehrere arme Studenten usque ad magisterium philosophiae et gradum doctoratus in jure canonico studieren zu lassen. Sollte man die Zinsen zu diesem Zweck gar nicht oder nur teilweise nötig haben, so könne man das Geld unter anderem auch „an unserer lateinischen Schule zu Gmünd bewendten, dass man davon desto besser Schulmeister haben möge, dass unser Stadt Kind und Schüler desto bass gelehrt werdent.“

Im Jahre 1841 wurde eine Realschule gegründet, welche mit der Zeit, wie die Lateinschule, 3 Klassen mit je 2 Abteilungen umfasste. Im Jahre 1872 wurde die Verschmelzung der Latein- und Realschule zu einem Reallyzeum von den bürgerlichen Kollegien beschlossen und im Herbste 1876 die Anstalt definitiv konstituiert. Nachdem sie 20 Jahre in dieser Form bestanden hatte, wurde sie durch allerhöchste Entschliessung Sr. Maj. des Königs vom 17. Sept. 1896 zum Realgymnasium erhoben.

Als die Kunde hievon in hiesiger Stadt eintraf, erregte dieselbe allgemeine Freude. Dieser Freude wurde auch ein öffentlicher Ausdruck gegeben durch die Abhaltung eines Banketts, an dem sich alle Kreise der Bevölkerung äusserst zahlreich beteiligten.

So ist denn um die Wende des Jahrhunderts das Gmünder Realgymnasium als das 3te den beiden andern, welche bis jetzt in Württemberg bestanden, denen zu Stuttgart und Ulm, an die Seite getreten, nachdem Prof. Holzer vor mehr als 30 Jahren in dem Programm des Stuttgarter Gymnasiums vom Schuljahr 1863/64 (S. 17) geschrieben hatte: „Mag man aber gegenwärtig urteilen, wie man will, mir


  1. Vorlage zn