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Die Entstehung des mittelalterlichen Tierepos aus der griechischen (ursprünglich indischen?) Fabel in einigen Hauptzügen dargestellt. [136–142].

Ab. od. d. Finnen. (Krohn, I. No. 4, S. 16).
He. Südslaven. Nordw. Balkan. (Krauss, II. No. 36, S. 49).
Na. Hottentotten. (Bleek, No. I. 10, S. 15). [142].

Die Vereinzeltheit dieser aus dem Volksmunde aufgezeichneten Varianten kann man nur durch die Annahme erklären, dass es zufällig ins Volk gedrungene geschriebene Märchen sind. Keine von ihnen hat eine bestimmte der im Tierepos ausgebildeten Formen zum speziellen Vorbilde gehabt, sondern alle drei stammen von den wirklichen Uebersetzungen der ursprünglichen äsopischen Form, die sich in den, in der Volkssprache abgefassten, Fabelbüchern finden. Die eingetretenen Veränderungen rühren hauptsächlich davon her, dass diese Varianten schon geraume Zeit im Volksmunde gelebt haben. So hat z. B. in der finnischen Form (Ab. od. d), die vielleicht aus Christfrid Ganander’s im J. 1784 erschienenen finnischen Volksübersetzung (No. 27) entnommen und daher vermutlich jünger ist als die anderen, aus dem Löwen, dem König der Tiere, im Laufe der Zeit ein Arbeitsaufseher werden können, aus dem ungehorsamen Fuchse ein Müssiggänger und aus dem nicht genauer bezeichneten Arzte die Spinne, während dem Fuchse Gelegenheit geboten wird, noch einmal sich müssig herumzutreiben. Noch grössere Abweichungen zeigt die südslavische Form (He), welche hauptsächlich durch den Umstand, dass der Fuchs in den slavischen Sprachen weiblichen Geschlechts ist, sowie wahrscheinlich durch irgend ein die Gewaltthätigkeit des Wolfes schilderndes Märchen beeinflusst worden ist.

Die bemerkenswerteste dieser volkstümlichen Varianten ist jedoch die hottentottische (Na), da hier ein Zug aus einer anderen äsopischen Fabel (Halm, No. 246; nicht aus der ihr entsprechenden indischen: Benfey, Pantsch. II. No. III. 14, S. 268)[1] hinzugekommen.


    a. O. No. IV, 77 und Anm.; Hermann Oesterley, Schimpf und Ernst von Johannes Pauli, Stuttgart 1866, No. 494; Voigt, Ysengrimus a. a. O. S. LXXX, LXXXIX.

  1. S. Benfey, Pantsch. I. S. 381–382. Vielleicht ist die griechische Form aus der ersten Hälfte der indischen durch Vervielfältigung der Spuren
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Kaarle Krohn: Bär (Wolf) und Fuchs. Suomalaisen Kurjallisuuden Seuran Kirjapainossa, Helsingissä 1889, Seite 22. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Krohn_B%C3%A4r_(Wolf)_und_Fuchs.djvu/24&oldid=- (Version vom 1.8.2018)