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Drittes Kapitel


Die fliegende Armee


Den Generaladjutanten fand ich in Tournai nicht mehr. Er war nach Brüssel abgereist, und ich schickte mich sofort an, ihm zu folgen. Am anderen Morgen nahm ich die Post. Auf den ersten Blick erkannte ich unter den Reisenden drei Männer, die in Lille den ganzen Tag in Kneipen zugebracht und ein ziemlich verdächtiges Leben geführt hatten. Zu meinem größten Erstaunen sah ich sie mit Uniformen von verschiedenen Korps bekleidet. Der eine trug die Epauletten des Oberstleutnants, der andere Hauptmanns-, und der dritte Leutnantsepauletten. Ich dachte bei mir, wo mögen die wohl das alles herhaben, sie haben doch nie gedient? Und ich verlor mich in Mutmaßungen. Sie schienen zuerst ein wenig verwirrt über unser Zusammentreffen. Aber bald faßten sie sich und bezeugten mir ein freundschaftliches Erstaunen darüber, mich so als ganz einfachen Soldaten anzutreffen. Ich erklärte ihnen, daß ich durch die Auflösung der Landsturmbataillone meinen Rang verloren habe. Aber da begann der Oberstleutnant mir seine Protektion zuzusichern. Ich nahm sie auch an, obwohl ich nicht recht wußte, was ich von diesem Protektor denken sollte. Was mir klar wurde, war immerhin, daß er bei Kasse war, und daß er für alle an der Wirtstafel bezahlte. In solchen Augenblicken spielte er dann den eifrigen Republikaner, der aber doch durchblicken lassen wollte, er gehöre zu irgendeiner alten Familie.

In Brüssel hatte ich nicht mehr Glück als in Tournai. Der

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 54. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_054.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)