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sicherst du dir im Gegenteil eine schöne Existenz, und du versetzt dich in die Lage, deinen Freunden nützlich sein zu können. Übrigens, da wir gerade bei diesem Kapitel sind, machen wir doch einmal unsere kleinen Verträge: Deine Frau hat hunderttausend Gulden Rente; du wirst jedem von uns eine Pension von tausend Talern aussetzen, im voraus zahlbar. Und ich kriege überdies noch eine Prämie von dreißigtausend Franken dafür, daß ich einen Grafen aus einem Bäckerssohn gemacht habe.“

Ich war schon ziemlich mürbe; aber diese Rede, in der der General mir sehr geschickt alle Schwierigkeiten meiner Lage auseinandergesetzt hatte, siegte vollends über meinen Widerstand – der ja, um die Wahrheit zu sagen, nicht allzu hartnäckig gewesen war. Ich willigte also in alles ein. Wir begeben uns zur Baronin und der Graf von B … fällt ihr zu Füßen. Während ich diese Szene spiele, dringe ich, was man kaum glauben wird, so gut in den Geist meiner Rolle ein, daß ich mich einen Augenblick lang selbst täusche, was, wie man sagt, den Lügnern manchmal begegnet. Die Baronin ist entzückt von den Äußerungen und den Gefühlsworten, die die Situation mir eingibt. Der General trägt den Triumph meiner Erfolge davon, und alle sind in gehobener Stimmung. Hier und da entschlüpften mir ja freilich einige Ausdrücke, die etwas nach Kneipe rochen, aber der General hatte die Baronin schon sorglich darauf aufmerksam gemacht, daß die politischen Wirren schuld an der sonderbaren Vernachlässigung meiner Erziehung trügen, und mit dieser Erklärung war sie zufrieden.

Man setzt sich zu Tisch; das Diner geht glücklich vorüber. Beim Dessert raunt mir die Baronin ins Ohr: „Ich weiß, mein Freund, Ihr Vermögen ist in den Händen der Jakobiner. Aber Ihre Eltern, die in Hamburg sind, könnten sich doch in Verlegenheit befinden. Machen Sie mir das Vergnügen, ihnen einen Wechsel über dreitausend Gulden zu senden; den wird Ihnen morgen früh mein Bankier zustellen.“ Ich begann ihr meinen Dank zu sagen, aber sie unterbrach mich und verließ den

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Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_064.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)