Seite:Landstreicherleben 176.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

treffe ich noch eine bekannte Gestalt, den Gerichtsdiener Hurtrel, aber er ist dermaßen betrunken, daß ich die Hoffnung hegen darf, er habe das Gedächtnis verloren.

Drei Tage lang bleibt alles ruhig, aber am vierten werde ich vor den Untersuchungsrichter geführt, und man fragt mich in der Gegenwart von Dutilleul und Hurtrel, ob ich nicht Vidocq sei. Ich beharre darauf, daß ich August Duval heiße; man könne sich davon überzeugen, wenn man nach Lorient schreibe, ferner beweise es der Umstand, daß ich in Ostende festgenommen worden sei, denn ich sei der Desertion angeklagt. Meine Beredsamkeit scheint auf den Richter Eindruck zu machen, er zögert. Hurtrel und Dutilleul aber bestehen darauf, daß sie sich nicht irren. Bald darauf erscheint Staatsanwalt Rausson und behauptet, mich ebenfalls zu erkennen, da ich mich aber nicht aus der Fassung bringen lasse, so bleibt noch ein Zweifel bestehen; und um sich Klarheit zu verschaffen, bedient man sich einer List.

Eines Morgens wird mir gemeldet, jemand wolle mich in der Kanzlei sprechen. Ich gehe hinunter und finde meine Mutter, die man aus Arras hat kommen lassen. Die arme Frau will mir in die Arme stürzen … Ich übersehe die Falle … Ich stoße meine Mutter sanft zurück und sage zu dem Untersuchungsrichter, der anwesend ist, es wäre würdelos, der armen Frau Hoffnungen über ein Wiedersehen mit ihrem Sohne zu machen, wenn es fragwürdig sei, ob ihr Sohn zur Stelle sei. Unterdessen tut meine Mutter, der ich von ferne ein Zeichen gebe, als ob sich mich aufmerksam musterte und erklärt schließlich, sie hätte sich durch eine außerordentliche Ähnlichkeit täuschen lassen. Darauf entfernt sie sich, und schimpft auf die Leute, die ihr diese falsche Freude bereitet hatten.

Richter und Aufseher werden endlich irre, als ein Brief aus Lorient ankam. Darin wurde als sicheres Merkmal zur Ermittlung der Identität des Individuums in Douai angegeben, daß der aus dem Hospital zu Quimper geflüchtete Duval am linken Arm eine Tätowierung habe. Ich wurde wieder vor den

Empfohlene Zitierweise:
Eugène François Vidocq: Landstreicherleben, Seite 176. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Landstreicherleben_176.jpg&oldid=- (Version vom 18.8.2016)