Seite:Liebe (Hennie Raché).djvu/64

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Glasperlen gesticktes Schild hat. Am Fenster hängt ein Kanarienvogel, und alles ist so niedlich und so adrett, alles duftet so nach Thymian und Lavendel. Sie würde lieber verhungern, ehe sie eins von diesen Stücken fortgeben würde, ... nicht wahr, das nennst Du Anhänglichkeit?“

„Nun ja,“ lächelte er, „so ungefähr! Ich bin auch etwas Sklave solcher Anhänglichkeit!“

„O, das wundert mich. Menschen wie wir, die wir nie eine rechte Heimat hatten, und die nie geliebt wurden, wie sollen die Anhänglichkeit besitzen? Wir sind von einer Umgebung in die andere versetzt, und ich finde, die Anhänglichkeit ist ein Gefühl, das durch alte, vererbte Objekte geweckt wird, oder durch Dinge, von lieber Hand geschenkt! Nein, ich bin keineswegs sehr anhänglich, ich kann mich ziemlich leicht von allem trennen!“

„Vielleicht auch eines Tages von mir,“ seufzte er halb scherzend, halb ein wenig melancholisch.

Sie antwortete nicht gleich, sondern runzelte leicht die Brauen.

„All diese kleinen, ein weiches Gemüt verratenden Gefühle,“ erwiderte sie dann mit einem tiefen Atemzuge, „all diese kleinen Edelsteine der Seele besitze ich

Empfohlene Zitierweise:
Hennie Raché: 'Liebe. Roman'. G. Müller-Mann’sche Verlagsbuchhandlung, Leipzig 1901, Seite 60. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Liebe_(Hennie_Rach%C3%A9).djvu/64&oldid=- (Version vom 10.11.2016)