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Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2


Sepp (kleine Pause). Du kannst’s laugnen; aber du wirst’s schon gspürn!

Hell (erregt). Ich stehe deiner Verunglimpfung, solange sie mich – mich allein – betrifft, aber dies ehrliche Mädchen laß aus dem Spiel – es erfaßt mich ein heiliger Zorn –

Sepp (einfallend). Is mir auch lieber, wenn d’ herumschreist, dein sanfter Diskurs taugt mir schon lang nit – nur weck d’ Nachbarsleut nit, ’s Dorf wird’s noch zeitlich gnug erfahrn!

Hell. Keiner denkt im Dorfe wie du!

Sepp. Das mag sein, aber sie werdn bald alle denken wie ich; ich fürcht mich nit drauf, ich darf nur sagen, daß du der Ann gut bist, und sie glauben’s, ohne daß s’ weiter fragen, ’s sein ja lauter gute Christen, ihr habt s’ ja mehr ’n Satan als unsern Herrgott fürchten glernt und so glaubn s’ auch eher ’s Böse als ’s Gute von ihrn Nebenmenschen! Und wird mich leicht eins von euch Lugn strafen? Die Anne, die mit ihrn goldigen Kreuzl durchs Dorf statzt, gwiß net und du? Kannst du’s? Dir klingt die Stimm von dem Dirndl im Ohr wie der helle Gsang von an Waldvögerl, du schaust von deine Bücher auf nach ihrem frischen Gsichterl, du schenkst ihr das Kreuzl von deiner Mutter selig, und gleichwohl du’s nit haben kannst, das Dirndl, gönnst du’s doch kein andern! Du willst’s halten und nit lassen für dein Lebtag!! Und Dirn soll dir gleichgültig sein?

Hell (gepreßt). Ich habe nichts mehr zu sagen – bist du zu Ende?

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2. Wien 1922, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Anzengrubers_s%C3%A4mtliche_Werke_II_059.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)