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Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2

deren vor Weh erzitterndes Herz wir den glühenden Stachel der Unduldsamkeit drücken! Laß das – davon nichts mehr, Sepp! Deine Furcht war kindisch, deine Bitte ehrt dich, deine arme Mutter soll ehrlich begraben werden.

Sepp (sieht ihn groß an). Verzeih mir, Pfarrer, so hab ich dich nit glaubt, du redst viel anders als der frühere; aber die Leut im Ort denken vielleicht doch noch so wie der! (Bitter.) Und ich, grad ich, hab’s sein müssen, der dir’s abgredt hat!

Hell. Beruhige dich, ich werde ja selbst die Leiche zu Grabe geleiten, ich werde für die Tote sprechen, ich werde die Gemeinde für sie beten lassen und alle werden sie Amen sprechen und keiner wird ihr die geweihte Scholle neiden.

Sepp (faßt Hells Hände zitternd in seine beiden). So tust du an mir?! – Das vergiß ich dir all mein Lebtag net! Ich dank dir zu tausend- und tausendmal! (Wendet sich.)

Hell. Noch eins, Sepp, ich habe an dich eine Bitte!

Sepp. Du an mich?

Hell. Wenn man die Leiche deiner Mutter zur Kirche bringt, so wirst du nicht außen bleiben können; du wirst sie nach langer Zeit wieder einmal betreten müssen; solltest du etwa Stimmen um dich flüstern hören: daß du nun doch einmal dort bist, so bitte ich dich, verzeihe das, laß dir deinen Schmerz nicht durch ein Gefühl der Demütigung verbittern, denn du kommst ja nicht mir, dein Kommen bereitet mir keine Freude; du kommst ja auch nicht zurück,

Empfohlene Zitierweise:
Ludwig Anzengruber: Der Pfarrer von Kirchfeld. Aus: Ludwig Anzengrubers sämtliche Werke. Band 2. Wien 1922, Seite 81. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Ludwig_Anzengrubers_s%C3%A4mtliche_Werke_II_081.jpg&oldid=- (Version vom 1.8.2018)