Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 036.jpg

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

friedlich war. Nun wußte der Vater nicht recht, wem von den Söhnen er das Reich hinterlassen sollte: daher beschloß er, es demjenigen zu übergeben, welcher das meiste Glück haben würde. So schickte er denn die drei Söhne in die Welt, und sagte, wer ihm das feinste Stück Linnen mitbrächte, sollte das Reich haben.

Als sie sich nun zur Reise fertig gemacht hatten, und Abschied nehmen wollten, nahm der König drei Federn, und blies sie, eine nach der andern, aus dem Fenster seines Schlosses in die Luft. Die eine flog nach Abend, dahinaus mußte der älteste Sohn ziehen; die zweite flog nach Morgen, dahin sollte der zweite seinen Weg nehmen; die dritte aber fiel auf einen großen Stein herab, der nicht weit von dem Schlosse lag. Da mußte denn der dritte Sohn zu Hause bleiben, und durfte nicht mit hinausziehen in die Welt, wiewohl er es gern gethan hätte. Die Brüder aber freueten sich darob, und neckten ihn, daß er nun bei dem Stein das feine Linnengewebe suchen möchte, da hätte er’s ganz nahe und ohne alle Mühe und Beschwerde.

Die beiden Brüder wanderten fort, ein jeder seines Weges; der dritte aber setzte sich auf den Stein, und weinte bis zum Abend. Da kam es ihm vor, als ob der Stein sich hin und her schöbe, und zuletzt war er auch wirklich fortgeschoben, und eine Marmorplatte mit einem Ringe kam zum Vorschein. Als diese aufgehoben war, fand er eine Treppe, die stieg er hinab, und kam in ein großes, unterirdisches Gewölbe, worin ein Mädchen am Webestuhl saß, und Linnengarn webte.

Das Mädchen sah ihm in die Augen, und fragte: „Hast Du geweint?“ – „Ja!“ sagte er, „ich habe sehr geweint.“ Und nun erzählte er, wie übel es ihm ginge. Da schenkte ihm das Mädchen ein Stück der allerfeinsten