Seite:Maehrchenkranz fuer Kinder 042.jpg

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„Gehe mir ja nicht weiter, als bis an die Brücke, ich fürchte, das Himmelsschäfchen möchte in den Bach fallen und ertrinken.“

Das Mädchen ging nun mit dem Schäfchen auf die Wiese, und spielte mit ihm, wie sie immer gethan hatte. Da kamen ihre Gespielinnen zu ihr, die sagten: „Komm, wir wollen einmal dort über den Bach gehen auf jenen Berg, dort ist’s gar schön.“ Das Mädchen aber entgegnete: „Nein, das darf ich nicht thun, meine Mutter hat mir’s verboten.“ – „Ei, warum denn;“ sagten ihre Gespielinnen, „wir können ja dort viel schöner spielen, als hier.“ – „Ja,“ sagte das Mädchen, „ich fürchte, wenn wir über die Brücke gehen, so möchte mein Schäfchen in den Bach fallen und ertrinken.“ – „Dafür laß uns sorgen;“ erwiederten die Gespielinnen, „wir wollen’s schon halten, daß es nicht hineinfällt.“ Da gab das Mädchen nach, und ging mit ihren Gespielinnen an den Bach. Als sie aber an die Brücke kamen, dachte das Mädchen an die Worte der königlichen Frau, da sie ihr gesagt hatte, sie solle ihrer Mutter nicht ungehorsam seyn. Darum sagte sie: „Nein, ich darf meiner Mutter nicht ungehorsam seyn, sonst wird mir mein Himmelsschäfchen genommen.“ – „Ei, wer wird dir das nehmen?“ sagten ihre Gespielinnen; „das hat die königliche Frau nur so gesagt. Und damit es ja nicht in den Bach fällt, so nimm es in den Arm, und trage es hinüber.“

Da nahm das Mädchen das Himmelsschäfchen auf den Arm, und trug es hinüber. Wie sie aber auf die Mitte der Brücke kamen, da brach die Brücke, und die Mädchen, die vor ihr gingen, fielen alle in den Bach; sie selbst aber erschrak so sehr, daß sie das Himmelsschäfchen fallen ließ. Es fiel aber nicht in den Bach, sondern in dem Augenblicke tauchte dieselbe königliche Frau, die es ihr gebracht hatte, aus dem Wasser hervor, und fing es mit den Armen auf;